Zürich und Basel beim Berliner Theatertreffen
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«Medea» von Leonie Böhm in Zürich @ Gina Folly

Das Berliner Theatertreffen ist der Olymp des deutschsprachigen Theaters. Eine Fach-Jury wählt die jeweils zehn bemerkenswertesten Theater-Inszenierungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz aus, und lädt im Mai nach Berlin. Das ist in diesem, generell etwas anderen Theaterjahr, nicht anders. Erfreulicherweise mit dabei sind auch das Schauspielhaus Zürich und das Theater Basel.

Zürich ist sogar doppelt vertreten in der 58. Theatertreffen-Auswahl, mit der «Medea»-Adaption der Hausregisseurin Leonie Böhm und Christopher Rüping, der mit «Einfach das Ende der Welt» nach Jean-Luc Lagarce bereits zum vierten Mal eingeladen wurde. Und aus Basel wurde zudem Max Frischs «Graf Öderland» von Stefan Bachann erkoren, den der Intendant Andreas Beck mit ans Müncher Residenztheater brachte. Mit dabei auch sonst die üblichen Verdächtigen: Das Burgtheater Wien (mit Barbara Frey – eine Schweizer Regisseurin – und ihrem «Automatenbüffet» von Anna Gmeyner), das Schauspielhaus Hamburg (mit Karin Beier und ihrer Version von Rainald Goetz‘ «Reich des Todes»), natürlich Berlin (ebenfalls zweimal das Deutsche Theater mit Schillers «Maria Stuart» in der Inszenierung von Anne Lenk und dem «Zauberberg» nach Thomas Mann von Sebastian Hartmann).

Aber auch drei bemerkenswerte Produktionen aus der Freien Szene wurden von der Jury würdig befunden, den Jahrgang 2020 zu repräsentieren: «Name her. Eine Suche nach den Frauen+», eine Produktion von Marie Schleef in Kooperation mit dem Ballhaus Ost (Berlin), den Münchner Kammerspielen und dem Kosmos Theater Wien, das Tanztheater «Scores that shaped our friendship» von Lucy Wilke und Pawel Dudus aus München (der «schwere reiter») sowie «Show me a good time» von der Performance-Gruppe Gob Squad, uraufgeführt im Berliner HAU. Hier ist als Koproduzentin auch das Berner Schlachthaus-Theater mit dabei. Der Corona-Jahrgang ist also ein herausragend profilierter für die Schweizer Theaterszene.

Die Jury übrigens hält nicht nur konsequent an ihrem 50%-Anteil an weiblichen Regisseurinnen für die nächsten zwei Jahre weiter fest, sondern konstituiert sich auch laufend neu. Nach drei Jahren fällt jeweils die Amts-Guillotine, dieses Jahr auch für den Schweizer Kritiker Andreas Klaeui. In seine Fusstapfen tritt Mathias Balzer von der Basellandschaftlichen Zeitung.

Reinmar Wagner

MUSIK & THEATER Die Schweizer Kulturzeitschrift

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