Sebastian Nordmann wird Intendant beim Lucerne Festival

Sebastian Nordmann im KKL © Lucerne Festival / Priska Ketterer

Als vor 24 Jahren Michael Haefliger auf Mattias Bamert folgte, war das ein Generationenwechsel und ein Aufbruch in eine vielleicht nicht gerade revolutionäre, aber doch deutlich jüngere, mutigere und frischere Zukunft. Erwartungen, die Haefliger mit vielen Ideen, aber auch mit zahlreichen innovativen Persönlichkeiten um ihn herum, durchaus in hohem Mass hat erfüllen können. Jetzt hat das Festival mit Sebastian Nordmann einen Nachfolger von Haefliger bestimmt, der kaum Aufbruchstimmung verströmt, sondern in vielerlei Hinsicht fast eine Art jüngere Kopie Haefligers darstellt.

Die Zeiten sind nicht einfach, auch in Luzern sah man zuletzt viele frei gebliebene Plätze, und nicht nur die Pandemie war schuld daran. In einem Umfeld, in dem mehr als zuvor um jeden Zuhörer und jede Publikums-Schicht geworben werden muss, ist ein erfahrener Kulturmanager und versierter Kommunikator wie Nordmann sicher keine schlechte Wahl, und er hat auch bei der Vorstellung am 25. Mai mit klaren Aussagen sowohl die Tradition des grössten Schweizer Klassik-Festivals als Leitlinie betont, wie er dezidiert Stellung nahm für einen gewichtigen Anteil zeitgenössischer Musik- und Konzertformen darin.

Der Empfehlung der Findungskommission sei einstimmig gefolgt worden, hiess es an jenem Morgen. Was man gerne glauben mag, denn Sebastian Nordmann bringt genau das mit, was eine Nachfolge auf den erfolgreichen Musikmanagers Haefliger auf den ersten Blick sicher, sinnvoll und attraktiv macht: Er ist 52, Musikwissenschaftler, aber hat auch als Unternehmensberater gearbeitet, und vor allem hat er – zuerst beim Festival Mecklenburg-Vorpommern und seit 2009 beim Berliner Konzerthaus und dessen Orchester – bewiesen dass er in heutigen Zeiten eine grosse Kultur-Institution nicht nur künstlerisch erfolgreich, sondern auch kaufmännisch solid leiten kann.

Reinmar Wagner

Game of Thrones für Fortgeschrittene

2018 wurde in London George Benjamins Oper «Lessons in Love and Violence» uraufgeführt. Das Opernhaus Zürich stellte das Stück nun zum zweiten Mal zur Diskussion.

Echte Leidenschaft, fiese Machtspiele © Herwig Prammer

Ein Bett, nichts als ein Bett. Das macht Sinn in diesem Stück aus der Shakespeare-Zeit um Macht, Liebe und Gewalt. Denn in diesem Bett finden wir Edward II, den König von England, und seinen Geliebten Gaveston. Nicht dass es zwei Männer sind, die sich hier leidenschaftlich lieben, ist das Problem. Sondern, dass der König sich von der Aussenwelt, die leidet und hungert, vollkommen abgekoppelt hat, nur seiner Leidenschaft, seiner Liebe zu Musik und Schönheit verfallen ist, und das Land damit in den Ruin steuert. Für seine wahnhafte Weltflucht steht das Bühnenbild aus psychedelisch verzerrten Floskeln aus Architektur und Tapisserie.

Mortimer, sein Berater, versucht den König zur Vernunft zu bringen. Er sieht aus wie ein Buchhalter, aber entpuppt sich bald als eiskalt rationaler Strippenzieher – der sich am Ende im Gespinst seiner Einfluss-Fäden selbst verheddert. Im Grunde will er Macht – und er will die Königin. Die ist nicht abgeneigt, aber sie hegt ganz offensichtlich auch noch tiefere Gefühle für den König, trotz seiner Affäre mit Gaveston. Continue reading

Apple steigt ins Streaming von klassischer Musik ein

Das Werk heisst «Allegro» oder «Finale», der Komponist «Daniel Barenboim» oder «Yuja Wang», der Interpret «Emperor», «Es-Dur» oder «Opus 73» und der AI-Vorschlag für die Fortsetzung deiner Hör-Reise stammt von George Michael. Wer auf die Idee kommt, klassische Musik statt aus der eigenen CD- oder LP-Sammlung via Streaming-Plattformen à la Spotify oder Qobuz zu hören, kennt solche Beispiele zur Genüge.

Zwar gibt es Klassik-Anbieter wie Idagio, Presto oder Naxos, die mühelos in der Lage sind, den spezifischen Anforderungen an eine adäquate Aufschlüsselung von klassischer Musik inklusive der entsprechenden Suchfunktionen gerecht zu werden. Aber sie leben in der nun halt in ihrer Ausstrahlung beschränkten Nische der Menschen, die sich eh schon mit Klassik auskennen.

Apple war schon immer ganz gut darin, auf den ersten Blick banale Dinge einfach noch ein bisschen einfacher zu machen. «Apple Music Classical» macht nun genau das für Klassik-Hörer im Internet. Die Basis ist eine 5 Millionen Titel breite Datenbank in brauchbarer Aufbereitung plus die angekündigte Verschränkung nicht nur mit musikgeschichtlichen Verknüpfungen und journalistischen Inhalten über und von den Interpreten, sondern auch mit exklusiven Inhalten von Spitzen-Orchestern wie den Berliner Philharmonikern oder dem Amsterdamer Concertgebouw-Orchester.

«Apple Music Classical» funktoniert ab Ende März und vorerst nur auf dem iPhone, also weder auf dem iPad oder Apple-Computern noch Android- oder anderen Geräten. Basis ist das normale «Apple Music»-Abo für etwa CHF 14 pro Monat ohne weitere Kosten, also inklusive George Michael. Aber natürlich ist es bloss eine Frage von kurzen Zeiten, bis das Angebot auch für andere Plattformen aufgeschaltet werden wird. (rw)