Barrie Kosky hört an der Komischen Oper Berlin auf
Barrie Kosky verlängert seinen Vertrag als Intendant der Komischen Oper Berlin nicht über 2022 hinaus. Das wurde aus seinen Formulierungen gegenüber dem Sender RBB in Berlin deutlich. Kryptischer äusserte sich der australische Regisseur über seine Zukunft als Regisseur am Haus: «Es kann sein, dass meine Verbindung mit der Komischen Oper bleibt, ich bleibe in Berlin.» Zwar hatte Kosky von allem Anfang an kundgetan, nie länger als zehn Jahre auf einem solchen Posten zu bleiben. Aber nachdem vor zwei Jahren der lettische Dirigent Ainars Rubikis als neuer GMD der Komischen Oper begann, schien dieses Ende doch wieder offen.

Warum also diese frühe Ankündigung? Zu vermuten ist, dass Kosky als Intendant vor der geplanten Sanierung des Opernhauses kalte Füsse bekommen hat. Diese soll just 2022 beginnen und ist auf fünf Jahre veranschlagt. Wer jedoch die Berliner Realität mit ambitiösen Bauprojekten – man muss nicht einmal den längst legendären Flughafen bemühen – betrachtet, der mussgeradezu daran zweifeln, dass diese Planung am Ende der Realität standhält. Immerhin dauerte der Umbau der Staatsoper Unter den Linden statt der vorgesehenen drei geschlagene sieben Jahre und reihte sich würdig in die Reihe der Berliner Bauskandale ein.
In dieser Zeit bespielte das Ensemble der Staatsoper das Schiller-Theater in Charlottenburg und musste dabei einen erheblichen Publikumsschwund hinnehmen. Gegen dieses Ausweichquartier sträubte sich der Intendant Kosky vehement. Sein Vorschlag, während der Sanierungszeit mit dem Ensemble der Komischen Oper projektbezogen an verschiedenen Orten der Stadt zu spielen, fand jedoch politisch keinen Rückhalt. Die Idee sei nicht durchführbar.
Wie man den Regisseur Barrie Kosky in Berlin dennoch halten möchte – das wird sich weisen. Tatsache ist, dass er – nicht zuletzt dank seiner eigenen Inszenierungen – dem Haus international hohes Ansehen und Beachtung gesichert hat. Kosky hat es auch geschafft, die Komische Oper mit ihrem weit gefächerten Repertoire von tragischer Oper über Operette bis hin zum Musical ausgesprochen erfolgreich zu positionieren. Und dass mehrere Inszenierungen Koskys abseits seines Stammhauses – ob seine Bayreuther «Meistersinger» oder Verdis «Macbeth» am Opernhaus Zürich – Kultstatus erspielt haben, untermauert bloss den Eindruck, dass die gegenwärtige Berliner Opernszene diesen Künstler schwerlich entbehren kann.
Andrea Meuli